Von Solidarität und Zufriedenheit

Orientierungsversammlung zum Thema Kantonalkirche in Solothurn

Acht Kirchgemeinden entscheiden am 10. Juni zum Beitritt zur Solothurner Kantonalkirche. Zu heftigen Worten kam es bei der Orientierungsversammlung im Kirchgemeindehaus Weststadt, Solothurn. An dem von Angela Müller geleiteten Anlass wurden die bestehenden Strukturen, die fehlende Einheit oder der drohende Fachstellenabbau diskutiert.

Christina Varveris

«Kein anderer Kanton hat solch eine komplizierte Organisationsstruktur, was die reformierte Kirche anbelangt», Walter Brülisauers Worte an dieser Orientierungsversammlung zur Solothurner Kantonalkirche waren deutlich. Er hat sich schon seit 1969, als er von Bern nach Solothurn gekommen ist, für eine Kantonale Kirche eingesetzt. «Der Kanton Solothurn hat in der Eidgenossenschaft eine starke zentrifugale Kraft», erklärte der Informationsbeauftragter des Projektes Kirchendach, was ihm jedoch fehle, sei ein einheitlicher Gesprächspartner.
Hannes Studer, Kirchgemeinderat in Biberist, zeigte die Vielfalt der Organisationsstruktur auf, mit der die Gemeinden heute leben und schloss seiner Darstellung an: «Im heutigen Kommunikationszeitalter ist die Organisation kein Problem mehr. Es gibt einen einzigen Gesprächspartner, einmal aus dieser Gemeinde, einmal aus einer anderen.» Als «schlimmen Vereinfacher» bezeichnete Brülisauer den Synodalen und erläuterte im Gegenzug den Wunsch des Staates nach klaren Strukturen. Das Argument Studers, der Staat hätte «keine Notsituation ausgerufen» tat Pfarrer Hans Stricker mit der Erklärung ab, der Staat hielte sich bei solchen innerkirchlichen Angelegenheiten raus, sein Wunsch sei jedoch klar.

Einheit versus Vielfalt

Was Stricker besonders am Herzen lag, war Einheit zu schaffen. «Die Abläufe in den drei kirchlichen Organisationen sind nicht klar», erklärte der Präsident der vorberatenden Kommission Verfassungssynode, «würden wir aus den dreien eine Organisation schaffen und mit einer Stimme sprechen, könnten wir Transparenz herstellen». Kirchgemeinderat Hannes Studer leuchtete jedoch nicht ein, wieso man eine Struktur verändern soll, die bis anhin funktioniert habe. «Seit 1997 arbeitet man am Konstrukt Kirchendach, das ist verrückt!» Diese Energie würde besser im Gemeindewesen investiert werden. «Normalerweise ändert man erst dann etwas, wenn sich das Alte nicht bewährt hat, wenn es Unstimmigkeiten gibt. Wir sind jedoch zufrieden.» Der Leidensdruck sei da, erwiderte jedoch Stricker. Die kleineren Kirchen würden leiden und es täte gut, über die eigenen Gemeindegrenzen hinaus zu schauen und Solidarität zu zeigen.

Drohender Fachstellenabbau

Was Hannes Studer der neuen Struktur auch noch anzukreiden wusste, war der drohende Abbau der Fachstellen. Der Plan des Projektes Kirchendach, eine kostengünstige Kantonale Kirche zu etablieren, und dementsprechend ein kleines Budget für die Fachstellen zu gewähren, ging nicht nur ihm gegen den Strich. Die Umfrage der «Offenen Kircheninformation Solothurn» (Okso) hat entgegen der Umfrage der Kirchendachbefürworter ergeben, dass «die Mitarbeitenden in den Kirchgemeinden im oberen Kantonsteil heute in grossem Umfang von den gut ausgebauten Fach- und Beratungsstellen der Reformierten Kirchen Bern-Jura unterstützt werden». Den hohen Stellenwert der Fachstellen bejahte auch Pfarrer Andreas Zeller, der als «Unabhängiger» der Orientierungsversammlung beiwohnte. Der Synodalrat der Berner Kirche entgegnete Walter Brülisauers Vorwurf, das Geld, welches in die Fachstellen gesteckt wird, würde die Aare rauf fliessen, mit den Worten: «Wenn es so wäre, würden wir in Bern wohl mit den Körben an der Aare stehen.»

Einsparungen für Solothurn?

Was spart die Kirche Solothurn ein? lautete die konkrete Frage aus dem Publikum. Man hat sich ausgerechnet, dass gleich viele Kosten anfallen würden wie bisher, jedoch mit weniger Leistung. Der Einwand Walter Brülisauers, der Leistungsabbau sei noch nicht generell festgelegt, vermochte nach dieser hitzigen Diskussion nicht mehr zu überzeugen. Andreas Zeller, die Meinung aus Bern vertretend, machte den Anwesenden klar, dass die acht Kirchgemeinden immer willkommen waren und es auch in Zukunft bleiben. «Wir sind enorm gespannt, wie am 10. Juni gestimmt wird.» Ihm ist es jedoch wichtig, dass diese acht Gemeinden von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen. Der Weg zur neuen Struktur soll demokratisch, offen und einwandfrei verlaufen.

Erschienen in S Z am 27-Apr-2001 auf der Seite Kanton Solothurn

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