© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-03-21; Seite 14b

Votum für Gründung der Kantonalkirche

Lebhafte Verbandsversammlung der reformierten Solothurner Kirchgemeinden in Balsthal

Die vorgestrige Verbandsversammlung der reformierten Solothurner Kirchgemeinden in Balsthal beschloss, die Schaffung einer Kantonalkirche zu unterstützen und bei der Abstimmung am 10. Juni für ein Ja einzutreten.

Die Delegierten der evangelisch-reformierten Kirchgemeinden des Kantons Solothurn diskutierten an ihrer Frühjahrsversammlung in Balsthal ausgiebig über die Zukunft der Protestanten im Kanton Solothurn. Im Rahmen der Aussprache über den Präsidentenbericht bemängelte Peter Thomet, Präsident der Kirchgemeinde Messen, die in seinen Augen einseitige Parteinahme für die Kantonalkirche. Er stellte dem Bericht die Auffassung einer neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft - «Offene Kircheninformation Solothurn» - entgegen, die gegen das Projekt Kantonalkirche ist (vgl. gestrige Ausgabe). Die Gegner der Kantonalkirchen, so Thomet, hingen an der bisherigen Bindung zu Bern und wollten darum keine Solothurner reformierte Kirche für den ganzen Kanton. Sie vermuteten zudem, dass die Kantonalkirche finanziell nicht tragbar sei. Diese Wortmeldung entfachte eine lebhafte Debatte, in der verschiedene Votanten für die Schaffung der Kantonalkirche eintraten. Hans Stricker (Bellach) würdigte in diesem Zusammenhang eingehend die neue Kirchenverfassung, deren Vorzüge in der Debatte auch von der gegnerischen Partei anerkannt wurden. Ruedi Köhli (Grenchen) begründete das Finanzkonzept und berief sich auf die Meinung der Expertengruppe, die von den Finanzen her grünes Licht gegeben hätte.

Überprüfung folgt noch

Des Weiteren berichtete Synodalrats-präsident Erich Huber (Wangen), dass die Abstimmungsbotschaft für den 10. Juni einvernehmlich von den Solothurner und Berner Kirchenvertretern formuliert worden sei und die regierungsrätliche Kommission diese Ende März auf ihre rechtliche Unbedenklichkeit überprüfen werde. Es wurde ferner betont, dass die Vorbereitung für die Abstimmung planmässig verlaufe. Edith Brühwiler, Kirchgemeindepräsidentin aus Grenchen, verlangte Auskunft über Fragen, die durch das gegnerische Komitee aufgeworfen wurden. Bezirkssynodepräsident Max Misteli (Aetingen) und Erich Huber legten die aus ihrer Sicht gravierenden Folgen der Abstimmung dar. Gespannt war man wie die von Edwin Mühlemann (Biberist) vorgelegte Resolution zur Kantonalkirche von der Versammlung aufgenommen würde. Mühlemann zeigte in seiner Begründung noch einmal den Weg der letzten fünf Jahre auf, von den Anfängen des Projektes Kirchendach bis zum heutigen Tag. Er fasste seine Überlegungen, die ihn bewegten, sich für die Kantonalkirche einzusetzen, kurz zusammen. Folgende Gründe hätten ihn zu seinem Entscheid geführt: Er wolle eine noch weitergehende organisatorische Aufspaltung der reformierten Kirchgemeinden des Kantons verhindern. Er setze sich ein für die Schaffung einer einfachen, effizienten kantonalen Organisation als Partner für die staatlichen Behörden sowie die benachbarten Kantonalkirchen, den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund und die Partnerkirchen in der Ökumene. Vor allem wolle er die heute bewährten kantonalen Dienstleistungen für den Religionsunterricht, die Seelsorge in den Spitälern und Heimen, die Ehe-und Lebensberatung und viele andere Dienste erhalten sehen. Nach angeregter Aussprache folgte die Versammlung der Argumentation Mühlemanns, indem sie der Resolution zugunsten der Schaffung der Kantonalkirche mit 16 Ja-Stimmen, bei zwei Gegenstimmen und drei Enthaltungen zustimmte.

Feldges kündigt Rücktritt an

In ihren Grussbotschaften zeigten sich die Vertreter der römisch-katholischen und christkatholischen Kantonalsynoden Kurt Tanner und René Meier über den Entscheid der Versammlung sehr erfreut. Sie wiesen darauf hin, dass sie gerne mit einem organisatorisch geeinten und mit einer Stimme sprechenden Partner in der Ökumene zusammenarbeiten würden. Sie hätten in den 50 beziehungsweise 60 Jahren ihres Bestehens als kantonaler Organisation gute Erfahrungen damit gemacht, dass die kirchliche, soziale und schulische Arbeit mit dem Kantonsgebiet sich decke.
Besondere Freude erweckte bei den Delegierten die Jahresrechnung des Verbandes, die von Verwalterin Sonja Ruchti (Bettlach) vorgestellt wurde. Bei Einnahmen von 1,04 Mio. Franken und Ausgaben von 0,995 Mio. Franken belief sich der Reingewinn auf 45 621 Franken, der dem Eigenkapital zugeschlagen wurde. Die Rechnung weist zudem aus, in welch breitem Umfang Leistungen zugunsten der Bedürftigen und Schwachen in der Gesellschaft erbracht worden sind.
Verbandspräsident Samuel Feldges hielt in seinem Schlusswort fest, dass die Solothurner Reformierten und ihre Kirchgemeinden nun erwachsen seien und gerne auf eigenen Füssen stünden. Er kündigte an, dass er auf die Verbandsversammlung vom 18. März 2002 wegen der Amtszeitbeschränkung zurücktreten werde. Die Zusammenkunft endete mit einem Imbiss, bei dem der Gedankenaustausch zwischen den Kirchenvertretern vertieft wurde.
mgt
Erschienen in S Z am 21-März-2001 auf der Seite Kanton Solothurn

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