© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-06-02; Seite 15b - Kanton SO

Und am Anfang war die Sache

Befürworter einer reformierten Kantonalkirche melden sich zu Wort

Auf die sachlichen Argumente für eine reformierte Kantonalkirche wollten sie eingehen, die Befürworter eines einzigen Kirchendachs. Sie kamen nicht umhin, bei dieser Gelegenheit auch Vergangenheitsbewältigung zu betreiben.

Wolfgang Niklaus

«Die aktuelle Polemik hat auch ihre positiven Seiten - endlich wird mal über die reformierte Kirche geredet.» Für Hans Stricker, Präsident der vorbereitenden Spezialkommission der Verfassungssynode, ist es nur natürlich, dass im Vorfeld der Abstimmung vom 10. Juni die Emotionen stetig höher gehen. «Die Parteien werden nach dem Urnengang schon wieder miteinander reden.» Dass am Ende die reformierte Kirche des Kantons Solothurn als Ganzes die Verliererin der mehr und mehr gehässigen Debatte ist, mochte keiner der Befürworter bejahen. Samuel Feldges, Verbandspräsident der evangelisch-reformierten Synoden im Kanton, wies gar stolz darauf hin, dass die Anzahl Reformierter im Kanton trotz Austritten zunehme. «Ein Phänomen», wie er meinte.

Aber eigentlich hatten die Befürworter einer Kantonalkirche die Medien ja gerufen, um auf die sachlichen Argumente hinzuweisen, die es in dieser Angelegenheit durchaus geben soll. Feldges etwa rief in Erinnerung, dass die von ihnen errechneten 25 000 Franken «für Anfragen, Anregungen, Auskünfte und Traktätchen» durchaus genügten. Was mit Umfrage und Hochrechnungen jederzeit untermauert werden könne. Jede Gemeinde der Bezirkssynode, welche bei Bern bleibe, sei für die Kantonalkirche zwar ein finanzieller Gewinn. «Aber politisch ists natürlich eine Katastrophe.» Zur Erinnerung: Sagt am 10. Juni die Mehrheit der Stimmenden im oberen Kantonsteil nein, ist die Kantonalkirche gestorben.

«Geld ja - Solidarität nein»

Zeit für Erich Huber, den unteren Kantonsteil ins Spiel zu bringen. Der Synodalratspräsident der Kirche im Kanton - also unterer Kantonsteil und Schwarzbubenland - sprach Klartext. «Die Gemeinden in meiner Region sind sehr empfindlich berührt, dass sie in den ganzen Diskussionen im Vorfeld der Abstimmung ausser Acht gelassen werden. Denn trotz guter Organisation und Finanzen - wir brauchen die Unterstützung des oberen Kantonsteils.» Er könne auch absolut nicht begreifen, so Huber, weshalb stets behauptet werde, mit 80 000 Franken sei die Kantonalkirche nicht lebensfähig.

Hans Stricker ging in seinen Ausführungen auf den staatspolitischen Aspekt des Urnengangs ein. In der laufenden Inseratekampagne würden die Gegner immer wieder den Vorwurf des «Kantönligeistes» erheben. «Dabei betonen just die Berner extrem stark Kirche und Staat. Zudem: Was fälschlicherweise als «Kantönligeist» angeprangert wird, ist in Wahrheit Ausdruck eines elementaren staatspolitischen Prinzips.» Sowieso sei ja interessant, dass es mit der vielbeschworenen Solidarität innerhalb des Kantons bei den Gegnern der Vorlage nicht weit her sei, deren Kirchgemeinderäte aber ohne zu zögern hohe Summen aus der juristischen Kirchensteuer, welche der Kanton erhebe, ihrer Gemeindekasse zufliessen liessen. Strickers Folgerung: «Geld ja - Solidarität nein.»

Gesprächsverweigerung?

Zurück zu den verbalen Gehässigkeiten: Wer ist denn schuld daran, dass die Sache an sich mehr und mehr in den Hintergrund gerückt ist? Für den Infobeauftragten Walter Brülisauer hat alles mit einer «eigentlichen Gesprächsverweigerung der reformierten Kirchgemeinde Solothurn» angefangen, die sich als einzige nicht an der seinerzeitigen Vernehmlassung beteiligt habe. Erich Huber doppelte nach: «Gewisse Kreise haben uns schon 1997 gesagt: Uns ists wohl mit der Berner Kirche. Da entsteht natürlich Frustration.»

So hat Brülisauer denn auch kein Problem mit seinem durchaus diffamierenden Leserbrief in der jüngsten Ausgabe der «Aare-Zytig», wo er massiv gegen Christoph Knoch, Pfarrer von Langendorf, auffährt. «Die sachliche Ebene habe ich ja durchgezogen. Aber ein-, zweimal muss man halt auch emotional werden.» Wetten, dass Knoch auch dies ein wenig anders sieht?

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