Die Stimmung kurz vor dem Urnengang über die Gründung einer
Solothurner Kantonalkirche ist nervös. Und in der Hitze des
Gefechts kann es leicht passieren, dass etwas irritierende
Pressemitteilungen an die Öffentlichkeit gelangen. So etwa das
Kommuniqué des Synodalrats der Reformierten Kirchen Bern-Jura
vom 7. Mai 2001. In diesem wird unterstrichen, es treffe nicht
zu, «dass die reformierte Berner Kirche vor zehn Jahren den zur
Solothurner Kirche gehörenden Kirchgemeinden die kalte Schulter
gezeigt und so die erneuten Bestrebungen nach einer eigenen
Kantonalkirche ausgelöst hat». Richtig sei vielmehr, dass Bern
von der Kirche im Kanton Solothurn (KiK) angefragt worden sei,
wie man sich dazu stelle, wenn sich auch die unteren Solothurner
Gemeinden dem Synodalverband Bern-Jura anschliessen würden.
Was stimmt? Die beiden Synodalratspräsidenten, Samuel Lutz aus
Bern und Erich Huber aus Solothurn, bestätigen folgenden
Sachverhalt: Bereits 1992 und 1997 hätten Gespräche
stattgefunden. Zuerst sei eine Anfrage der KiK auf ein
Zusammengehen mit Bern diskutiert, fünf Jahre später seien noch
zwei weitere Möglichkeiten beraten worden, nämlich dass sich a)
die KiK einem anderen Kanton anschliesst bzw. b) Bezirkssynode
und KiK ein gemeinsames Kirchendach bauen.
Wie man weiss, hat sich Solothurn für Variante b) entschieden,
und dies quasi mit dem Segen der Berner: Der «Einheit der Kirche
des Kantons Solothurn und damit auch der Einheit des Kantons
Solothurn» müsse genügend Gewicht beigemessen werden, heisst
es nämlich in einem Berner Brief von 1997 an die Solothurner
Kirchgemeinden des unteren Kantonsteils.
Im Kommuniqué vom 7. Mai wird nun dieser Satz etwas akribisch
dahingehend interpretiert, das sei nie als Aufforderung zur
Bildung einer eigenen Kantonalkirche gemeint gewesen. Aber genau
das ist inzwischen geschehen: Aus dem Kirchendach ist das Projekt
einer eigenen Kantonalkirche entstanden.
Ob die Berner darüber noch heute ein bisschen pikiert sind?
Judith Stofer
PS. Apropos Nervosität vor der Abstimmung: Zwei Mitglieder der
Bezirkssynode Solothurn haben beim Solothurnischen Regierungsrat
eine Beschwerde gegen die Abstimmungsbotschaft eingereicht, weil
diese irreführend behaupte, die Bezirkssynode Solothurn sei «als
Ganzes» für die Bildung einer Kantonalkirche dabei habe
sie gar nie dazu Stellung nehmen können. Aus formalen und
wie die beiden Einsprecher betonen «keineswegs
inhaltlichen» Gründen wurde die Beschwerde aber inzwischen
wieder zurückgezogen.