Dokumentation Fachstellen - 4

Fachstelle Migration
Trägerschaft: Reformierte Kirchen Bern-Jura (Bereich Weltweite Kirche)

Zielsetzungen und Arbeitsgrundsätze

Die Fachstelle Migration verfolgt zwei miteinander zusammenhängende Zielsetzungen. Zum einen nimmt sie eine Beobachterrolle ein, verfolgt die migrationspolitische Situation und kann so, aufbauend auf der Analyse, den Synodalrat auf Ebene von Migrationsfragen beraten. Zum andern will sie allgemein - im Rahmen von Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit - eine Sensibilisierung der Bevölkerung und insbesondere der Kirchgemeinden für migrationspolitische Entwicklungen und Zusammenhänge erreichen. Beide Ziele dienen dazu, die prekäre Situation vieler Migrationspopulationen in der Schweiz aufzudecken. Über den Synodalrat, die Kirchgemeinden und Einzelpersonen soll die offizielle Migrationspolitik (Asylpolitik, Ausländergesetzgebung) nach dem Mass der Menschenrechtskonvention beeinflusst werden. Der ideelle Hintergrund der Fachstelle ist der diakonische Auftrag. Auch wenn die Argumentationsbasis eine theologische ist, hat die Fachstelle keine missionarische Perspektive - letztlich geht es um die Glaubwürdigkeit des Handelns als Kirche.

Tätigkeitsbereiche und Zielgruppen

Mit der Bildungsarbeit will ein Beitrag dazu geleistet werden, «die bereits geschehene Integration ausländischer Menschen zu verdauen». Darüber hinaus wird das Zusammenleben an konkreten Projekten und Aktionen erprobt: Gemeinsame Sitzungen von Menschen aus der Schweiz und Kosova, Organisation eines Fussballspiels zwischen FC Pristina und FC Thun, Sammlung für Kriegsversehrte Menschen in Kosova, Schulprojekt Kacanik für vertriebene Kriegskinder. Angesichts der Spannungen bei Ankunft der kosovarischen Flüchtlinge tat eine Sensibilisierungsarbeit unter SchweizerInnen sehr not. Die Fachstelle nimmt selbstverständlich am interreligiösen Dialog teil (Runder Tisch mit Vertretungen aller Weltreligionen, Friedhofsantelie für Muslime, Raum für religiöse Handlungen im Inselspital), beteiligt sich diesbezüglich auch in Ausbildungsinstitutionen (Schulen für Pflege, Lehrerseminar) oder ist an der Organisation von Tagungen mitbeteiligt.

Personal

Drei FachmitarbeiterInnen haben zusammen 1.75 Vollstellen inne, sie werden von zwei Mitarbeiterinnen des Fachsekretariates (1.05 Stellen) unterstützt. Zehn Ehrenamtliche gehören der Fachkommission an; die Zeitschrift «blickwechsel» wird von einer dreiköpfigen Redaktionsgruppe von Freiwilligen produziert.

Vernetzung

Die Fachstelle Migration ist Teil eines weiten Netzwerkes. Neben Kontakten zu Gruppen in den Gemeinden (z.B. Ausländerforen, Arbeitskreis für Zeitfragen Biel) bestehen Beziehungen zu und diverse Formen der Zusammenarbeit mit zahlreichen Organisationen, die im Ausländerbereich engagiert sind, etwa CARITAS Bern, HEKS Flüchtlingsdienst, SEK, Kontaktstelle für Flüchtlingsfragen (s. separates Portralt), Church Committee on Migration in Europe (CCME), Oekumenischer Rat der Kirchen, Bewegung für eine offene und demokratische Schweiz (BODS), Asylkoordination Schweiz, Arbeitskreis für Zeitfragen, Biel, Gewerkschaften, Ausländerforen in Bern und Biel, Erklärung von Bern.

Erfolge - Wirkungen

Die Mitarbeitenden der Fachstelle gehen davon aus, dass ihre Fachstelle für eine glaubwürdige Kirche steht und ihre Arbeit innerhalb der Kirche und nach aussen einiges bewirkt hat. Die Kirchgemeinden sind angesichts eines äusserst komplexen Sachverhalts froh um die Grundlagenarbeit der Fachstelle. Kirchenasyl, Widerstandsaktionen gegen die Ausschaffung von tamilischen Asylbewerberlnnen, Engagement für das Antirassismusgesetz sind auf Akzeptanz gestossen und haben eine breite Diskussion über die Rolle des Kantons beziehungsweise der Schweiz bewirkt. Der Standort Bern und die Nähe zur Bundespolitik haben dazu geführt, dass die Fachstelle immer wieder in Gespräche mit dem Kanton zu eidgenössischen Fragestellungen einbezogen wird und über den Kanton hinaus (z.B. in Richtung andere Kantonalkirchen, NGO) ausstrahlt. Die öffentlich-rechtliche Anerkennung der jüdischen Gemeinden kam wesentlich auf Empfehlung der Kirchen/IKK (und Insistieren der Fachstelle) zustande.

Aktuelle und zukünftige Problembereiche

Die Mitarbeitenden sind sich bewusst, dass ihre Arbeit langfristig nur ein Tropfen auf einen heissen Stein darstellen kann; dies um so mehr, als die Migrationsproblematik künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Um so wichtiger ist es, die «lohnenden» Themen zu bestimmen, exemplarisch zu arbeiten und nicht in blosses Reagieren zu verfallen. Dazu gehört etwa, mit Kirchgemeinden (die über wertvolle Vermittlungsgefässe verfügen) nicht nur einzelne Aktionen zu planen, sondern Verständnis für langfristige Engagements zu suchen, so etwa in der Bildung und Bewusstseinsbildung. Dies erfordert langfristiges Vorgehen und somit auch Vorausschauen. Stichworte wie Entkriminalisierung der Sans-papiers oder EU-Osterweiterung weisen auf komplexe Herausforderungen hin, zu deren Bewältigung die Fachstelle beitragen will.

Quellen: Jahresberichte 1997 und 1998

Blickwechsel. Informationsbulletin der Fachstelle Migration der Reformierten Kirche BernJura

Quelle: Ch. Landert, Landert Farago Davatz & Partner, Zürich, Die Leistungen der Reformierten Kirchen Bern-Jura in Diakonie und Beratung, Bildung und Kultur, im Auftrag der Synode des Evangelisch-Reformierten Synodalverbandes Bern-Jura (2000) S. 80-81.

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