Dokumentation Fachstellen - 3

Fachstelle Freiwillige
Trägerschaft: Reformierte Kirchen Bern-Jura (Bereich Bildung und Beratung)

Zielsetzungen und Arbeitsgrundsätze

Diese Fachstelle ist - zusammen mit den Fachstellen Alter, Frauen, Männer, Jugend, Spiritualität, Ökologie, Wirtschaftsethik und Tourismus - Teil des gesamtkirchlichen Bereichs Bildung und Beratung. Hauptziel der Fachstellenarbeit ist es, Mitglieder kirchlicher Behörden zu befähigen, ihre Arbeit kompetent auszuführen, so dass die Kirchgemeinden effizient und wirksam geführt werden. Gleiches gilt im Bereich Freiwilligenarbeit, wo sich die Fachstelle von der Auffassung leiten lässt, dass unbezahlte Tätigkeit - in der Kirche und anderswo - nicht ohne gute Einführung, Begleitung und Anerkennung auskommt. Die Fachstelle verfolgt auch langfristige sozialpolitische Ziele, indem sie die Bemühungen um die Anrechenbarkeit der Ehrenamtlichen- und Freiwilligenarbeit «,Sozialzeit») in den Sozialversicherungen mitträgt. In diesem Zusammenhang wird auch der Einsatz des Sozialzeitauswelses gefördert, ein Instrument u.a. für Stellenbewerbungen, mit dem die (unter anderem in der Kirche) erworbenen Quallfikationen nachgewiesen werden. Der Sozialzeitauswels ist in Zusammenarbeit mit CH-Q, Schweizerisches Qualifikationsbuch, entstanden.

Tätigkeitsbereiche und Zielgruppen

Zu den Zielgruppen gehören Kirchgemeinderätinnen und -räte, darunter insbesondere die PräsidentInnen und Ressortverantwortlichen sowie PräsidentInnen von kirchlichen Kommissionen. Diese Ehrenamtlichen stellen das unmittelbare Zielpublikum der Fachstelle dar. Für sie werden jährlich in fünf Regionen Einführungskurse für neue Mitglieder des Kirchgemeinderates organisiert. Zusätzlich finden pro Jahr 1-2 Kurse: «Sitzungen effizient leiten - ohne dass dabei die Meinungsbildung zu kurz kommt» und 3-4 Einführungsveranstaltungen zu einzelnen Ressorts statt. Im ersten Halbjahr 2000 werden von der Fachstelle ein Dutzend Kurse für Ehrenamtliche und Freiwillige angeboten. Neben eigentlichen Kursen werden auch Gefässe (mit Impulsreferaten) angeboten, mit denen der Austausch und Kontakt unter Ehrenamtlichen und Freiwilligen (mit Koordinationsfunktion) gefördert wird. Und schliesslich gehören auch individuelle Beratungen von Kirchgemeinden zum Dienstleistungsprofil der Fachstelle.

Freiwillige selber sind nur mittelbar Zielgruppe der Fachstelle; mit den Dienstleistungen der Fachstelle werden leitende und koordinierende Verantwortliche angesprochen, z.B. von kirchlichen Besuchsdiensten. Die Arbeit der Fachstelle konzentriert sich demnach auf MultiplikatorInnen. (Hingegen hilft die Fachstelle mit, Angebote der Volkshochschule Bern bekanntzumachen, so etwa Schnupperkurse für Freiwillige).

Personal

Die Stelle verfügt über zwei Mitarbeiterinnen (Leiterin 50%, Sekretariat 20%). Die Leiterin der Fachstelle wird von zwei Fachgruppen (Ehrenamtliche, Freiwillige) begleitet, die sich aus VertreterInnen aller Regionen zusammensetzen. Finanziert wird die Fachstelle von den Reformierten Kirchen Bern-Jura. Andere Erträge (aus Kursen der Fachstelle) spielen eine untergeordnete Rolle.

Vernetzung

Eine Vernetzung besteht mit der Volkshochschule Bern und mit der Hochschule für Sozialarbeit (s. oben). Die Leiterin der Fachstelle ist im Vorstand des Vereins Koordination Freiwilligenarbeit. Dieser Verein, der übrigens von den Reformierten Kirchen Bern-Jura eine dreijährige Starthilfe erhalten hat, koordiniert alle Bemühungen im Bereich der Freiwilligenarbeit im Kanton Bern und treibt sie politisch voran (s. entsprechendes Portralt). Schliesslich ist die Fachstellenleiterin auch Mitglied der Fachgruppe Freiwilligenarbeit des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes.

Erfolge - Wirkungen

Zwei Jahre nach der Eröffnung der Fachstelle haben aus knapp 40% aller Kirchgemeinden ein oder mehrere Behördemitglieder ein Kursangebot der Fachstelle genutzt. Dabei haben sehr viele NutzerInnen bereits mehrere Veranstaltungen besucht. Gemeinsam mit den andern Mitgliedern der Koordination Freiwilligenarbeit konnte 1999 der kantonale Ausweis für freiwilllige und ehrenamtliche Arbeit der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Mit Hilfe dieses Ausweises soll die unbezahlt geleistete Arbeit dokumentiert und das Bewusstsein in Bezug auf die Bedeutung der unbezahlten Arbeit der Freiwilligen und Ehrenamtlichen selber sowie der Nutzniessenden gefördert werden. Aktuell wird der kantonale Sozialzeitausweis in mehreren Kirchgemeinden eingeführt.

Aktuelle und zukünftige Problembereiche

Aktuell herrscht bei Ehrenamtlichen die Ansicht vor, es würde immer schwieriger, Freiwillige für einen Einsatz zu finden. Demgegenüber und gestützt auf einschlägige Untersuchungen geht die Fachstellenleiterin davon aus, dass neue Freiwillige durchaus motiviert werden können, wenn dabei nur ein geeignetes Vorgehen gewählt wird. Indessen bedarf es besonderer Strategien, Ansprechmethoden und Gefässe, die den Entscheid für einen Freiwilligeneinsatz günstig beeinflussen können. Ein Punkt ist etwa, dass die Schwelle für einen (Erst-) Einsatz möglichst niedrig gehalten werden muss. Dies steigert die Bedeutung von Projekten, eignen sie sich doch als befristete punktuelle Einsatzmöglichkeiten für neue Freiwillige. Ein Augenmerk muss auch enttäuschten Freiwilligen gewidmet werden und solchen, die sich selber zu wenig Grenzen setzen und nicht «loslassen» können. Weiter wird auch vermehrt für vernetzte Trägerschaften sensibilisiert, um dadurch die Tendenz zum gegenseitigen Abwerben von Freiwilligen zu reduzieren. Vermehrt sollen die Kirchgemeinden lernen darauf hinzuweisen, was sie den InteressentInnen für ehrenamtliche oder freiwillige Arbeit anbieten können, und nicht nur, was sie von diesen erwarten.

Quellen: Jahresberichte 1997, 1998 und 1999. Kursprogramm Bildung und Beratung 1/2000 Grobkonzept für Schulung für Freiwillige in Kirchgemeinden Konzept zur Schulung ehrenamtlicher Mitglieder kirchlicher Behörden

Quelle: Ch. Landert, Landert Farago Davatz & Partner, Zürich, Die Leistungen der Reformierten Kirchen Bern-Jura in Diakonie und Beratung, Bildung und Kultur, im Auftrag der Synode des Evangelisch-Reformierten Synodalverbandes Bern-Jura (2000) S. 78-79

< zurück zur Übersicht >