Dokumentation Fachstellen - 1

Fachstelle Sozial-diakonische Arbeit
Trägerschaft: Reformierte Kirchen Bern-Jura (Bereich Sozial-Diakonie)

Zielsetzungen und Arbeitsgrundsätze

Die Fachstelle gehört zusammen mit den Fachstellen Suchtfragen, Hörbehindertenseelsorge, Ehe, Partnerschaft, Familie, Oekumenisches Netzwerk Kirche und Aids sowie der Koordinationsstelle Spitalseelsorge und Gefängnisseelsorge zum gesamtkirchlichen Bereich Sozial-Diakonie. Sie berät den Synodalrat, die Kirchlichen Bezirke sowie die Kirchgemeinden in sozial-diakonischen Fragestellungen. Die Leiterin der Fachstelle steht operativ auch dem Bereich Sozial-Diakonie vor und wirkt zudem auf gesamtschweizerischer Ebene an der Bearbeitung von Fragestellungen im Bereich Sozial-Diakonie mit.

Ziel ist es allgemein, mit dem sozial-diakonischen Einsatz die Grundrechte und Würde der Menschen zu verteidigen sowie die Errungenschaften einer solidarisch handelnden Gesellschaft zu bewahren. Der Auftrag der Fachstelle stützt sich - wie die andern gesamtkirchlichen Dienste auch - auf das am 5.3.1997 vom Synodalrat verabschiedeten Leitbild, wo es etwa heisst: «Die gesamtkirchlichen Dienste setzen sich einerseits dafür ein, dass die Kirche präsent ist, wo wichtige gesellschaftliche und politische Entscheide fallen. [ ... ] wo Einzelne oder Gruppen gesellschaftlich ausgegrenzt oder durch das soziale Netz des Staates ungenügend getragen werden. Die gesamtkirchlichen Dienste fördern Initiative und Eigenständigkeit der von ihnen begleiteten Menschen. Sie wahren deren Identität und Selbstbestimmung. Sie unterstützen ihre gesellschaftliche und, soweit gewünscht, kirchliche Integration.» Methodisch orientiert sich die Fachstelle Sozial-diakonische Arbeit an den aktuellen Instrumenten und gültigen Standards der Sozial- und Gemeinwesenarbeit, die mit dem Gehalt des Leitbildes übereinstimmen. Die Fachstelle sucht immer auch Raum für Visionäres, d.h. für zukunftweisende Konzepte - was anderen Institutionen wegen grösserer Struktur- oder Ressourcenproblemen oder politischer Abhängigkeiten eher schwer fällt. Angesichts der vielen Akteurinnen und Akteure im Sozialwesen und wird dabei der Vernetzung viel Gewicht gegeben.

Tätigkeitsbereiche und Zielgruppen

Diakonische Arbeit spielt sich wesentlich auf Ebene der einzelnen Kirchgemeinden bzw. der Gesamtkirchgemeinden ab. Demnach sind Kirchgemeinden, d.h. insbesondere die für den sozial-diakonischen Auftrag verantwortlichen KirchgemeinderätInnen sowie die Sozial-Diakonischen Mitarbeitenden die wichtigsten Zielgruppen der Fachstelle, wobei das Know how aber auch anderen Interessierten zur Verfügung gestellt wird. Impuls-, Austausch- und Fortbildungsveranstaltungen (Konferenz der Sozial-Diakonischen Mitarbeitenden - neu: Diakonatskapitel, Bernische Diakoniekonferenz), Verbreitung von Informationen (Diakonie-Rundschreiben), die Einführung von Ressortverantwortlichen sowie die Unterstützung beim Zugang zu den übrigen Fachstellen des Bereiches sind wichtige Aufgabengebiete der Fachstelle. Aktuell laufen in Pilotregionen (von der Kirchensynode verabschiedete) Bestrebungen des Bereichs Sozial-Diakonie, die diakonische Arbeit regional aufzubauen. Allgemein werden Kirchgemeinden ermuntert, Projektentwicklungen gemeindeübergreifend anzugehen.

Die (sozialpolltische) Lobbyarbeit für benachteiligte Bevölkerungsgruppen hat zumeist den Staat (Gesundheits- und Fürsorgedirektion, Erziehungsdirektion) als Adressaten.

Die Fachstellenleiterin verfügt über eine 40%-Stelle (neben weiteren 40% für die Leitung des Bereiches). In der jüngsten Vergangenheit ging es wesentlich um Strukturbildung (z.B. Gründung der Diakomekonferenz bzw. des Diakonatskapitels, des Zusammenschlusses der
Sozial-Diakonischen Mitarbeitenden) und damit auch um das Erschliessen von Kanälen zu den Kirchgemeinden. 1999 erfolgten 23 kürzere oder längere Beratungen auf Anfrage von Kirchgemeinden.

Vernetzung

Vernetzung erfolgt zum einen mit anderen gesamtkirchlichen Fachstellen (äusserlich sichtbar in der gemeinsam genutzten Liegenschaft Schwarztorstrasse 18-22), zum andern mit den Kirchgemeinden und den Sozial-Diakonischen Mitarbeitenden. Schliesslich ist die Fachstelle sozial- und kirchenpolitisch auch auf kantonaler und schweizerischer Ebene engagiert und begleitet einzelne Institutionen bei Problemen oder gar im «Überlebenskampf». Dank dem Prestige der Reformierten Kirche, ihren Ressourcen und dem vielfältigen institutionell und persönlich abgestützten Beziehungsgeflecht ist die Reformierte Kirche prädestiniert, sich auf kantonaler Ebene für die engere Zusammenarbeit und den Austausch unter kirchlichen, staatlichen und privaten AkteurInnen einzusetzen sowie staatliches Handeln kritisch zu begleiten (vgl. z.B. neues Sozialhilfegesetz). Andere operativ tätige Stellen mit vergleichbarer Übersicht über die aktuellen Entwicklungen gibt es kaum.

Erfolge - Wirkungen

Die von der Fachstelle ausgelösten Wirkungen sind mit der Gründung von neuen Gefässen des Kontakts vorerst wesentlich auf der strukturellen Ebene angesiedelt. Zunehmend ergeben sich aber auch sehr praktische Auswirkungen, indem die nun geöffneten Zugangswege zu den Fachstellen des Bereiches Sozial-Diakonie (aber auch Bildung und Arbeit) besser bekannt sind und genutzt werden, so dass in den Kirchgemeinden vor allem die zukunftsträchtigen Massnahmen oder Projekte vorangetrieben werden. Das Beispiel des Kirchlichen Bezirks Interlaken/Oberhasli belegt, dass Kontakte der Fachstelle mit einer Region die Bemühungen für eine engere Zusammenarbeit (Projekt Budgetberatung) in der Region bestärken können. Wirkungen zeigen sich auch auf der Ebene der Motivation: über eine Orientierung zu verfügen und Impulse zu bekommen, wohin die Entwicklung gehen könnte, macht die Aufgabe im Kirchgemeinderat oder als Sozial-Diakonische Mitarbeitende nicht nur einfacher, sondern auch interessanter.

Darüber hinaus hat die Stimme der Reformierten Kirche - als Teil der Interkonfessionellen Konferenz (IKK) - auch kantonal, etwa bei der Sozialhilfegesetzgebung, einiges Gewicht. Ohne entsprechende Fachstelle vermöchte sich die Kirche auf diesem Feld kaum so engagiert und kompetent zu bewegen.

Aktuelle und zukünftige Problembereiche

Ein wesentliches, die Fachstelle begleitendes Problem ist die Frage, wie weit die ehrenamtlich arbeitenden Behördenmitglieder in den Kirchgemeinden gefordert werden können. Die Situation von Professionellen ist eine andere als die von Ehrenamtlichen. Ihre zeitliche Kapazität oder die Prioritäten sind anders oder decken sich nicht in jedem Fall mit der Fachstelle. Um so wichtiger ist es, über klare Strukturen, Anlaufstellen und Kontaktwege zu verfügen, die den Zugang zu den Dienstleistungen erleichtern.

Quellen: Jahresberichte 1997 und 1998 Faltprospekt Sozial-Diakonie Leitbild für die Gesamtkirchlichen Dienste Diakonie-Rundbriefe 1/1998 - 4/1999

Quelle: Ch. Landert, Landert Farago Davatz & Partner, Zürich, Die Leistungen der Reformierten Kirchen Bern-Jura in Diakonie und Beratung, Bildung und Kultur, im Auftrag der Synode des Evangelisch-Reformierten Synodalverbandes Bern-Jura (2000) S. 66-67

< zurück zur Übersicht >